Orgiastisches

Mittwoch, 8. Juni 2005

Die Orgie

Die eigene Sache


Selbst-Zitat aus einer früheren Abhandlung:

„Eine Orgie... Für meinen Begriff etwas viel größeres als nur Gruppensex... Die Orgie, das Bacchanal, die Dionysie, die Sonnwendfeier.... Sie umfasst für mich Völlerei jeglicher Art, hemmungsloses Fallen jeglicher Konvention, zielloses Nehmen und Genommenwerden, Benutzen und Benutztwerden. Während einer Orgie gibt es keine Regeln, selbst Tischmanieren sind nur Bestand der Welt ausserhalb, die in weite Ferne gerückt ist.
Wilde Musik, begleitet von Strömen von Wein, Bergen von feinsten Speisen, Köstlichkeiten aus aller Welt, bedingungslose Geilheit aller Anwesenden ohne geringste Gedanken an Konsequenzen, Wahllosigkeit der Partner und des Tuns, Niveau und Schmiererei, ja selbst Schmutz, aufheizende Musik, vielleicht anmutige Tänzer und Tänzerinnen voller Feuer, von den Orgiasten initiiertes klassisches Schauspiel, frivole und erotische Einlagen, archaische Riten, 'Opferung der Jungfrau und des Knaben', halbnackte oder nackte Bedienungen beider Geschlechter, Menschen, die sich selbst noch nehmen und nehmen lassen, wenn sie nicht mehr stehen können, Vulgarität und Dekadenz... DAS ist für mich eine Orgie!“


Prolog

„Wir treffen uns zum Abendessen, wir tanzen gemeinsam, wir gehen gemeinsam ins Theater, wir hören Musik gemeinsam an, wir betreiben öffentlichen Sport, wir tun all das in aller Öffentlichkeit, was ästhetisch ist und uns Spass macht. Macht uns die Liebe keinen Spass? Ist sie nicht ästhetisch? Warum verbergen wir sie?“
„Wir koitieren im geheimen, weil wir Angst haben, dabei ertappt zu werden, dass die Praxis unseres Geschlechtsverkehrs von der Theorie abweicht, die wir selbst verkünden.“
[Ernest Bornemann]

Das Wort Orgie bezeichnete ursprünglich den Gottesdienst, den einst heiligsten Ritus der alten Mutterreligionen. Eine Geschichte der Orgie zu beschreiben, bedeutet gleichzeitig auch eine Geschichte der Moral zu schreiben. Aber »Moral« kommt von Mores, Sitten, Gewohnheiten. Moralisch ist, was Gewohnheit ist. „Das Gesellschaftssystem, in dem wir leben, gestattet uns zwar viele bewundernswerte Freiheiten, verweigert uns aber ziemlich unmissverständlich eine ganz besondere Freiheit. Es verweigert uns die volle Freiheit, die Verwaltung unserer selbst und unserer Gesellschaft, indem es denjenigen Bezirk, wo körperliches Begehren und seine Erfüllung ihr Erfüllung ausüben, indem es diesen Bezirk befleckt, entstellt, beschneidet, begrenzt, kurz mit einem Schild versieht, auf dem zu lesen ist »reserviert«.“ [Wayland Young, ‚Der verleugnete Eros’] Weiter: „Bei einer Orgie erhält die eigene Identität als Individuum keine Verstärkung durch die Identität des unbekannten Partners. Die eigene Persönlichkeit beginnt also, sich abzuschwächen, mit den übrigen zu verschmelzen. Wenn in einem Augenblick völliger Rückhaltlosigkeit der Partner keine Identität besitzt, dann besitzt man selbst auch keine. Identität braucht Widerspiegelung und Bestätigung; wenn man mit einem unbekannte Menschen vögelt, dann gibt es keine Widerspiegelung, keine Bestätigung, die Identität eines jeden einzelnen rinnt aus, um sich mit der Identität jedes anderen einzelnen in einem allgemeinen Reservoir zu vermischen.“ [Wayland Young, ‚Handlungstabus’]

Athmosphärisches

„Mit ausgebreiteten Armen, die Schenkel gespreizt, ihren Schoss weit geöffnet, bereit das erigierte Glied eines Mannes in sich aufzunehmen, so ist uns die erste Göttin der Menschheit überliefert: die temperamentvolle, heitere Innini, die Erd- und Liebesgöttin der Sumerer, des ältesten Volkes, das die Geschichte kennt.
Ihrer Göttin gleich entblössten sich die Mädchen und Frauen dieses Volkes, öffneten ihre Schenkel, um sich unter dem Sternenhimmel der Nacht jedem Mann in ihrer Nahe hinzugeben und vor aller Augen das nachzuvollziehen, was sie soeben gesehen hatten: die Vereinigung der Göttin, die symbolische Paarung der Hohenpriesterin mit dem Hohenpriester.
Das geschah anlässlich des Frühlingsfestes vor fünftausend Jahren, im Zwischenstromland, zwischen Euphrat und Tigris. Man feierte die Auferstehung des Tammuz und seine Vereinigung mit Innini, seiner Schwester.“

»Bei diesen Fruchtbarkeitsriten«, berichtet Paul Frischauer, »vereinigten sich die Ehefrauen nicht nur mit ihren Ehemännern, sondern sie hatten die Freie Wahl der Liebe, das ihnen von den Männern zugestandene Recht, mit und bei dem Mann zu schlafen, den sie begehrten. Sie mussten allerdings darauf achten, dass der Same des ausserehelichen Liebhabers [...] sie selbst nicht befruchtete. Sonst hatten sie sich gegen die Pflichten der Ehe vergangen.«

»Dann schwieg der dumpfe Ton der Trommeln und Tamburine, und hoch über den Platz hin tonte der hellere Klang der Trompeten. Schon mischten sich von allen Seiten her eilende Männer unter die Schar der Frauen. Jetzt schritt der König im hohepriesterlichen Ornat in das Heiligtum der Göttin Ischtar, um stellvertretend für den vergöttlichten Tammuz mit der Oberpriesterin die heilige Hochzeit zu vollziehen, welche die Wiedervereinigung des liebenden Paares symbolisieren sollte.
Vor den Augen der versammelten Priesterschaft und des Hofes nahm der König von den dienenden Mädchen den Rauschtrunk entgegen, der mit einem kräftig wirkenden Aphrodisiakum gemischt war. Denn die Potenz des Mannes musste ins Gigantische übersteigert werden, wenn sie den Liebeshunger der Göttin stillen sollte. Vor den Augen des versammelten Volkes streifte der König seine Gewänder ab und stürzte sich, nur noch ein Mann im Vorgefühl seiner männlichen Starke, über den auf goldenem Ruhebett hingebreiteten Leib, der seinen Umarmungen entgegenzudrängen schien. Der goldene Kopfputz der Göttin, den die Priesterin stellvertretend auf ihrem dunkeln Lockengeflecht trug, glitt achtlos zur Seite, die edelsteinbesetzten Reifen an ihren Armen klirrten im Rhythmus heisser Umarmung. Das Volk, das Zeuge des heiligen Aktes wurde, aber brach in einen wilden Jubel aus. Männer und Weiber, die durch die vorausgegangene Zeit der Enthaltsamkeit und die wilde Hysterie der Klagegesange ohnedies zu ekstatischer Erregung aufgestachelt und ihrer Sinne kaum mächtig waren, sanken einander zu mehr oder minder wahlloser Leidenschaft in die Arme. Der Wein, den die Tempeldienerinnen in bauchigen Krügen den Feiernden boten, floss in Strömen, und über dem Platz stand wie eine helle Wolke der süsse Duft des Rauschtrunks, der sich mit den schweren Schwaden von Weihrauch und dem scharfen Geruch der brünstigen Leiber mischte. In diesen Stunden, da die Nacht von unzähligen Fackeln rot war und die Luft schwirrte von den hellen Tonen der Flöten und dem kehligen Stöhnen einer ins tausendfache gesteigerten triumphalen Lust, die alle Schranken der Sitte durchbrochen hatte, war der Phallos wichtiger als der Phallosträger und wurde die Fruchtbarkeit der Erde inspiriert durch den lebendigen Rhythmus von sinnlichem Begehren und leidenschaftlicher Erfüllung, der in hundertfaltigen Formen seine Verwirklichung fand. Ischtar, die das Land der Lebenden verlassen hatte, weil sie sich mit der Opferung des Phallos nicht abfinden konnte, Ischtar, die liebestrunkene Göttin mit den blutbefleckten Händen, nahm jetzt das phallische Opfer von Tausenden entgegen. Ihr steinernes Abbild färbte sich rot von dem Blut der abgeschnittenen Phallen der Opfertiere, welche die brünstigen Frauen wieder und wieder in ihren Schoss warfen, um ihr so die Gaben der nimmer erlahmenden Mutterschaft abzuringen. Unter wilden Tanzen und Gesängen steigerte sich die Lust des Volkes zu wildester Ausschweifung, und kein Mensch nahm daran Anstoss, dass sich die Paare in aller Öffentlichkeit umarmten und das Intimste zur selbstverständlichen Huldigung an die Gottheit wurde, die das Auge des Nächsten nicht zu scheuen brauchte.«
»... der Egoismus, mit dem wir normalerweise unseren Geschlechtspartner auswählen, war hier verboten. Man paarte sich nicht mit dem Wesen, das man liebte, weil es schön, jung, kräftig, klug, viril, potent oder in irgendeiner anderen Weise anziehend war. Man opferte sich statt dessen und kopulierte auch mit den Alten, den Hässlichen, den Kranken und Lahmen. Der Geschlechtsakt, den wir sonst aus Lust begehen, wurde hier zum Opfer. Er wurde vom Akt des Nehmens in einen Akt des Gebens verwandelt.«

Weniger positiv hatte Quintus Curtius Rufus, etwa 50 Jahre n. Chr. Geburt, die kultischen Feiern beurteilt: «Es gibt nichts Verdorbeneres als dieses Volk und nichts Raffinierteres in den Künsten der Wollust und Sinnlichkeit« schrieb er in seiner «Historia Alexandri Magni Regis Macedonum«, der einzigen erhaltenen lateinischen Version der historischen Legenden von Alexander dem Grossen. »Vater und Mutter duldeten, da8 sich ihre Tochter ihren Gästen um Geld überliessen, und Gatten waren hinsichtlich ihrer Ehefrauen nicht weniger duldsam. Die Babylonier gaben sich hauptsachlich der Völlerei und den daraus entstehenden Lastern hin. Die Frauen erschienen am Anfang ihrer Orgie bescheiden; dann aber entledigten sie sich ihrer Kleider Stück für Stück bis auf einen spärlichen Rest und endlich waren sie, wenn die Scham nach und nach völlig verschwunden war, ganz nackt. Es waren dies nicht etwa Öffentliche Dirnen, die sich so preisgaben, nein, es waren dies Weiber der edelsten Abkunft und ihre Töchter.«

Richard Wunderer hat den Astarte-Kult zu rekonstruieren versucht: »Festlich sattgegessen und mit einem guten Trunk versorgt, begaben sich die Feiernden beiderlei Geschlechts in den Tempel. Dort stand das Standbild der Astarte, ein nackter Hermaphrodit, also ein Wesen, das zugleich mit weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen ausgestattet ist. Nicht weniger ungewöhnlich sahen die zum Fest Eilenden aus: Männer in Frauenkleidung und Weiber, die sich in Männertracht gehüllt hatten. Schon diese Verkleidung - man fühlt sich versucht, von einer Maskerade zu sprechen -, hob die Fesseln der Scham zum Teil auf. Man war anonym geworden, man war nicht mehr, was man vor der Verkleidung gewesen. Und dieses neue Wesen durfte Schamlosigkeiten begehen, die niemals auf das ursprüngliche Ich zurückfallen konnten? Zudem war es die Autorität des Oberpriesters, die vor der nackten Astartestatue das Zeichen zur allgemeinen Promiskuität für eine Nacht gab.
Musik - Rhythmus und Melodien gehören zu jedem Rummelplatz; auch während der nächtlichen Astartefeste peitschten Lieder die Teilnehmer immer wieder zu geschlechtlicher Vereinigung auf. Unbeschreibbare Szenen spielten sich im Dunkel der Haine ab, denn ohne Hemmungen fielen die Menschen übereinander her und suchten ihre Lust. Während eines Festes der Astarte schwanger geworden zu sein, galt für die Frauen weder als Schande noch als Unglück. Die Priesterschaft begrüsste solch ein Ereignis, denn >Kinder der Astarte< wurden selbst meistens zu treuen Anhängern dieses Kultes. Selbstverständlich kannten sie ihre Vater nicht, aber es wäre keinem Mann in den Sinn gekommen, die Gattin oder Schwester des halb zu schelten, wenn sie im Rahmen eines Astartekultes durch einen fremden Mann zur Mutter geworden war. «
Schon 250 Jahre vor Wunderer, 1698, hat ein gewisser John Fryer nach antiken Darstellungen eine solche Tempelnacht beschrieben. Hier sein Bericht:
»Zuerst breiten die Paare ein sauberes Laken auf dem Boden aus, darauf stellen sie die Leckerbissen, die in ihnen die geile Hitze zum Entflammen bringen soll. Wenn sie sich dann von dem Laken erheben, das schon jetzt seine jungfrauliche Reinheit eingebüsst hat, bestreuen sie das befleckte Tuch mit weissem Mehl. Dann aber, damit sie ihren schändlichen Lüsten um so besser nachgehen können, löschen sie die Kerzen. Splitternackt bewegen sie sich, Männlein wie Weiblein, durch den Raum. Die Männer werfen ihre Gewänder auf einen Haufen in die Ecke. Die Frauen laufen derweil durch die Dunkelheit, sie suchen zu greifen, was sich greifen lasst, und wenn dann wieder die Lampen entzündet werden, umarmen sie inbrünstig, was sie nun gerade mit ihren Händen ergriffen haben, und sei es auch der Vater, der Bruder oder sonst ein naher Verwandter. Was aber das Schlimmste ist: Da sie nun die Nacht mit bestialischem Treiben verbringen, mischen sich in das Mehl die Spuren ihrer Lust - sei es nun der Auswurf des Magens, ihrer Därme oder ihrer Geilheit. Und darin walzen sie sich wie die wilden Tiere. Das Mehl jedoch kneten sie zu Teig und führen ihn zum Munde. Und so feiern sie immer wieder dasselbe unheilige Fest, als wäre es ein Opfer, das den Göttern gefällt.«

Was für die Sumerer Ischtar, für die Phönikier Astarte, für die Phrygier Kybele, war für die Thraker Bendis, Rheia für die Kreter, Artemis für die Epheser. Verschiedene Namen für die eine Grosse Göttin, die Jungfrau und Hure, Mutter und Geliebte ist. Liebe als Erfüllung göttlichen Willens. »Der >kleine Tod<, der kurze Verlust des Bewusstseins beim Orgasmus, wird als Offenbarung aufgefasst«, schreibt Ernest Bornemann

Etwa im 5. Jahrhundert v. Chr. kam der Kult zu Ehren des Dionysos, dem Gott des Weines und der Vegetation, nach Griechenland, »auf dem Land-, teilweise auf dem Seewege«, wie es in einem einschlägigen Lexikon heisst. Man nannte die Feste zu Ehren Dionysos Dionysia oder Baccheia, »bisweilen hiessen sie«, schreibt Vorberg, »auch mit ihren Opfern und feierlichen Handlungen Orgia«.
Weiter heisst es bei Vorberg: »Die Festleitung lag in der Hand des Oberarchonten. Die Feierlichkeiten beschrankten sich in Griechenland ursprünglich auf Umzüge. Ein grosses, mit Wein gefülltes und mit Weinlaub umranktes Gefäss, ein Korb mit Feigen, ein Bock und Phallen wurden in der Stadt umhergeführt. Allmählich mit zunehmendem Wohlstande feierte man die Feste mit grösserer Prachtentfaltung. In den Umzügen wurden allerlei Begebenheiten aus dem Leben des volkstümlichen Gottes dargestellt. Die Priester erschienen, das Haupt mit Weinlaub, mit Epheu- oder Fichtenzweigen umkränzt, mit blumenbestreuten Kleidern, Rehfelle über den Schultern, Thyrsosstäbe in den Händen. Einige waren als Pane, Silene und Satyrn verkleidet und hatten Bockhörner vorgebunden.
Manche ritten auf Eseln und zogen die Böcke nach, die zum Opfer bestimmt waren. Andere setzten das Tympanum in Bewegung, wiederum andere spielten Flöte. Eine Gruppe von Priestern trug die heiligen Gefässe, von denen eins mit Wasser gefüllt war. Aus den edelsten Geschlechtern erwählte Jungfrauen hielten goldene Fruchtschalen in den Händen. Mitunter waren zwischen den Früchten gezähmte Schlangen versteckt, die plötzlich hervorzüngelten und unter den nicht Eingeweihten Schrecken hervorriefen.
Dann kamen die Phallusträger, Männer mit Veilchen- und Epheukränzen trugen an langen Stangen Phallen und sangen Lobeshymnen auf den Geschlechtsgenuss. Ihnen schlossen sich welche an, die mit Weinlaub und Blumengehangen geschmückt, riesige Holz- oder Lederphallen vorgebunden hatten und den trunkenen Bacchus mimten. Manchmal zeigten sich diese Fest genossen auch in Weiberkleidern.
Eine Gruppe von Männern fehlte nie in den Umzügen. Sie trugen auf dem Kopfe den heiligen Korb, in dem die Opfergeräte lagen, und aus dem auch dem Bacchus die Erstlinge der Feldfrüchte geopfert wurden. Lärmend durchzog der Zug die Stadt, lärmend loste er sich auf. Das festlich gestimmte Volk, mit den Zugteilnehmern eine buntwogende Masse, ergoss sich über die Auen oder zog in tollem Reigen ins Waldgebirge. Auf Bergwiesen wurde getanzt bei Flöten- und Paukenklang, und von den Rufen hallten die Taler wider. Aus der heiligen Lade entnahmen die Bacchanten das Bildnis des Dionysos, setzten es auf eine Saule und opferten dem Gott ein Schwein oder einen Ziegenbock. Dann wurde geschmaust und gezecht, bis die Nacht über die Feiernden ihren Schleier ausbreitete.«
Vorberg zitiert aus den »Bacchantinnen« des Euripides :

»Hier jubelts wild um volle Trinkgefässe,
Dort schleichts in stiller Büsche Dunkelheit,
Und gibt sich hingestreckt dem Buhlen preis.«
Der deutsche Historiker Theodor Mommsen, der 1902 den Nobelpreis für Literatur erhielt, schrieb in seiner »Römischen Geschichte« über die »nächtlichen Bergfeste fackelschwingender Mädchen« von einem »in Aufregung aller sinnlichen Leidenschaften zugleich rasenden Taumel«. Hans Licht spricht von Tanzen, »die dank dem sonst nur selten genossenen Wein sehr bald in wilde Orgien ausarteten«, von »sexueller Begierde«, die siegte und von »allerlei Lustbarkeiten«.
Auch bei Paul Englisch, dem eine erste »Geschichte der erotischen Literatur« zu verdanken ist, heisst es, dass »die Bezechten ihrer sinnlichen Brunst die Zügel schiessen liessen«. R. Wunderer schreibt: »Im Rausch des Weines und des Geschlechtes gab man sich all jenen Ausschweifungen hin, die sonst nur Göttern gestattet waren«, und Otto Zierer nennt die nächtlichen Feste »von Trunkenheit, Raserei und orgiastischer Verzückung gekennzeichnet« .

Otto Zierer fährt fort: »Manchmal trafen sich die lydischen Burger in den Parkanlagen mit der Absicht, die Nächte dem Gott des Rausches und des holden Wahnsinns, Dionysos, zu weihen. Für solche Feste sollte kein schamhaftes Zögern, kein keusches Sich-Verweigern gelten! Wer Lydiens Orgien in den fackeldurchlohten Garten besuchte, musste auf jeden Exzess gefasst sein. Hatten Wein, Tanz und Flötenspiel ihre Wirkung getan, so fielen die Männer über die weiblichen Gaste her. Kreischende Mädchen wurden in die Dickichte geschleppt, die mondbeschienenen Wiesen verwandelten sich in gewaltige Betten, die erfüllt waren von Lustgeschrei und Liebesraserei.

»Aspasia aber, die, ohne die sonst übliche Wahl eines Symposiarchen zuzulassen, den Vorsitz beider Tafeln und damit die Leitung der Gespräche und der Unterhaltung beibehielt, hatte ihren Gasten noch eine Überraschung zugedacht. Nachdem unter der Einwirkung des feurigen Weines die Stimmung schon recht lebhaft und ausgelassen geworden war, brachten zwei Sklavinnen auf einem Hoplitenschilde ein ganz unerwartetes Früchtedessert in den Saal. Lieblich ausgestreckt, völlig nackt, ruhte auf dem grossen, viereckigen Schilde, der auf die Mitte des Tisches gesetzt wurde, ein etwa dreizehnjähriges Mädchen mit schon heranblühenden, fraulichen Formen. Vermengt mit den schwellenden Früchten des jungen Leibes waren alle nur denkbaren Erzeugnisse gepriesener athenischer Gartenkultur.
An den ährenblonden Haaren des Kindes hingen Johannisbeeren; Pflaumen und Birnen lagerten in den Achselhohlen und zu beiden Seiten der rosig durch die Früchte schimmernden Brüste; frische Feigen schienen in reicher Menge zwischen den halbgeöffneten Beinen aus der Muschel herauszuwachsen und Trauben mit länglichen, strotzenden Beeren überdeckten den übrigen Mädchenleib, so dass eigentlich nur die Erdbeerknospen der Brüste über den kleinen, lebendigen Fruchtberg hinausragten. Voll Stolz leuchteten die frohen Kinderaugen über den von leichter Schamrote überzogenen Wangen, als sie aus den bewundernden Blicken der Anwesenden lesen konnte, wie freudig sie die ihnen bereitete Überraschung aufnahmen . . .
Schon begann der schwere Chierwein das Blut überhitzig durch die Adern zu treiben, schon funkelten lüstern die Augen der Gaste. Noch aber durfte die Aufregung des Geschlechtes nicht nach natürlicher Erlosung suchen, wenn auch ungeduldige Männerhände sich schon an jugendlichen Mädchenformen Sicherheit für kommende Genusse zu verschaffen suchten. Bald entglitten die Huldgestalten diesen Händen wieder, um sich nach Weisung der Meisterin ihnen zu entziehen.
Erst mit dem Aufsetzen der goldenen Becher und nach Absingung eines Paons zu Ehren des Bacchus im Chore hatte das eigentliche Zechen seinen Anfang genommen.«
Aber nicht nur das Zechen steht im Vordergrund. Streitgespräche, Reden und Vortrage der Poeten bestimmen mit das Symposion - bis Flötenspielerinnen und Tänzerinnen auftreten, um die Stimmung unter den Teilnehmern des Gastmahls zu steigern. Dann wird eine Szene arrangiert. Melitta soll sich »in den Dienst einer guten Sache« stellen, um die Frage zu klären, ob »Brust oder Gesäss die Siegespalme« beim Liebesspiel gebühren. »Gleichzeitig mit beiden Partien ihres Leibes möge sie die Lust zweier Männer befriedigen! ... Bei den anderen Gasten hatten indessen Wein und Lust den letzten Damm der Zucht durchbrochen. Kleombrotos hatte, vom Trunke schwer, Hermione über sich gezogen. Die geschickte, geübte Reiterin, die in allen Satteln gerecht war, verstand es, ihn durch kundig berechnete Windungen und Drehungen ihres üppigen, glatten Leibes in Raserei der Wollust zu bringen, wie der biedere, raue Spartaner sie bisher noch nie empfunden hatte. Im weichen Liebeshafen, den das elastische Hinterteil Melittas jedem Schätzer kallopyger Formen schwellenden Schenkel verspürte... Alkibiades hatte sich in mitten des allgemeinen Bacchanales noch zu keinem Opferaltare entschlossen. Gleich dem Gotte der Wollust stand er hochragend, schlank und doch von Mädchenhaft weicher Anmut um flossen vor dem wirren Knäuel der in erotische Ekstasen versinkenden Genossen des Symposions. Ein sarkastisches Lächeln huschte über seine Züge; er, der verwohnte Liebling der Frauen und der Männer, blieb frei von eifersüchtigen Regungen.«
Das auszugsweise geschilderte Symposion fand 445 v. Chr. Geburt im Hause der Aspasia in Athen statt.

(Diese Texte im Kontext findet ihr hier als .doc zum Download)


Epilog

Ich träume, diesen Traum auch realisieren zu wollen. Diesem Projekt ein wahrhaftig ernsthaftes Gesicht zu geben, eine Location in Ligurien (Italien) auszumachen. Voraussetzung natürlich: Genügend Interessenten, an die 40-60 sollte es schon sein, in einer geschlechtlich ausgewogenen Proportionierung.

Natürlich ist es nicht möglich, alle Elemente einer antiken Dionysie/Bacchanalie zu realisieren, zum einen sprechen Gesetze dagegen (zum Beispiel was das Mindestalter der Teilnehmer angeht), mal wirken manche antiken Elemente einfach für die heutige Zeit lächerlich und zum anderen müssen wir da wohl statt auf Sklaven auf bezahlte Kräfte zurückgreifen (sehr aufgeschlossene natürlich *grins*) – die Zeiten haben sich halt diesbezüglich geändert *lach*

Es würde ein verlängertes Wochenende sein, vorraussichtlich über 4 Tage, von denen zwei der An- und Abreise vorbehalten sind. Ausserdem wird es ein Programm geben, in dem als Einstieg allen Teilnehmern Rollen in einer Zeremonie bzw. eine Schauspiel zugewiesen werden, die sie zu spielen haben, es wird darüber hinaus auch Showelemente geben. Ein, wie ich denke, sinnvoller Einstieg in das Ambiente, zumal die Vorbereitung auf die eigene individuelle Rolle natürlich auch bei der Einstimmung sehr willkommen sein wird.

Die Auswahl der Teilnehmer wird ausschliesslich in Händen einiger weniger liegen. Es reicht nicht einfach, „mal dabei sein zu wollen oder mal sehen zu wollen, was denn so passiert“. Ernsthaft sich einzubringen ist schon das mindeste, was ein Bewerber an Engagement mitbringen sollte. Ausserdem sollte er sich klar sein, dass es so gut wie keine persönlichen Grenzen geben darf: dem freien Handeln nach aussen muss daher unbedingt ein tiefer Blick nach innen vorausgehen, das ist unabdingbar.
Darüber hinaus sollte man der hemmungslosen Völlerei und dem Genuss diverser Genussmitteln nicht lustfeindlich gegenüberstehen *lach*

Der erste Tag wird dem Ergehen und der Muse gewidmet sein, dem Promenieren, sich gegenseitig etwas Beschnüffeln und sonstigem Gespräch und Kurzweil, der Akklimatisierung. Mit Einbruch der Dunkelheit dann beginnt der zeremonielle Teil, so eng wie nur möglich an historische Quellen angelehnt, sozusagen als Pflichtteil. Danach folgt dann die Kür, die sich, mit kleinen zeremoniellen „Unterbrechungen“, über den nächsten Tag bis in die nächste Nacht hinziehen wird. Die Veranstaltung selbst findet in grossen Zelten sowie unter freiem Himmel statt, Übernachtung in einem ligurischen Anwesen in Sichtweite. Dienstpersonal wird bereitgestellt für die Zeit der Festivitäten.

Alle Beteiligten werden entsprechend ihrer Rolle gekleidet sein, als Götter, Opfer, Fussvolk, Satyre, Bacchantinnen/Mänaden, Sklaven und ähnliches. Entsprechende Vorlagen zum Selbstkreation dieser Kostüme werden zur Verfügung gestellt. Die Zeremonien und die Kostüme werden sowohl der griechischen als auch der römischen Tradition entlehnt werden. Es wird Opferrituale, klassische Schaustücke, Vorführungen für das Auge, das Ohr und die Nase geben, das Essen ist nur in kleinen Teilen vegetarisch, Hauptgetränk natürlich Wein. Alles wir frisch vor Ort eingekauft und zubereitet von dafür angedientem Fach-Personal nach, soweit vorhanden, klassischen Rezepten. Ausserdem wird es, dem antiken Ritual entsprechen, einen Efeusud geben, der ekstatische Zustände erzeugen kann.

Diese Veranstaltung wird keine Wiederholung erfahren, sie ist ein absolut einmaliges Event.

Zum Abschluss noch ein Zitat aus der Feder Oscar Wildes:

'Sodann erhob er das Lob der Tollheit zur Philosophie, und die Philosophie selbst wurde jung und gab sich der wilden Musik des Genusses hin; sie trug - es war wie eine Vision - ein weinbeflecktes Gewand und einen Efeukranz; sie tanzte wie eine Bacchantin über die Hügel des Lebens und verhöhnte den plumpen Silen, weil er nüchtern war. Facta flohen vor ihr wie das erschreckte Wild des Waldes. Ihre Füße stampften in der großen Kelter, an der der weise Omar sitzt, bis der siedende Saft der Trauben in Wogen purpurnen Schaumes um ihre nackten Glieder sprang oder in rotem Gischt über die schwarzen, triefenden, hängenden Wände des Fasses rann.'

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