Nedjma - "Die Mandel"

Ein (wenn nicht gar der erste) pornographischer Roman einer gläubigen Muslimin.


Die Autorin:

Nedjma ist das Pseudonym der Autorin, die, um Anfeindungen in ihrer Heimat zu entgehen, unbekannt bleiben will. Die Autorin ist Anfang bis Mitte vierzig. Sie lebt in Nordafrika. Die Mandel ist ihr erstes Buch.

Das Buch:

Dieses Buch hat etwas Exzessives - es atmet Leidenschaft, Gier und Liebe, Wut, Empörung und Enttäuschung, Rausch, Ekstase und Zärtlichkeit. Die junge Badra ist fest davon überzeugt, dass sie für die Liebe bestimmt ist. Doch für solche Träume lebt sie im falschen Land - sie ist Marokkanerin und Muslimin. Gemäß der Tradition wird sie verheiratet und erlebt in ihrer Ehe nur Gleichgültigkeit und Demütigung. Badra verlässt ihren Mann und flieht zu ihrer Tante nach Tanger. Von ihr lernt sie, dass sie das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben hat. Und sie begegnet Driss, der ihr die Augen für die vollkommene Liebe öffnet - eine Liebe voller Empfindsamkeit und Hingabe. Entfesselt erobert sich Badra ihren Körper zurück und erkennt, was es heißt, Frau zu sein. Doch die Beziehung wird zur erotischen Obsession ...Die Mandel ist eine Geschichte voller Liebe und Leidenschaft, die berauschend und traurig, zart und grausam ist: Noch nie hat eine muslimische Frau so direkt und offen über die Licht- und Schattenseiten sexueller Freizügigkeit geschrieben.


Die Leseprobe:

»Ich, Badra bent Salah ben Hassan el-Fergani, in Imchouk im Zeichen des Skorpions geboren, Schuhgröße achtunddreißig und bald fünfzig Jahre auf dem Buckel, erkläre Folgendes: Es ist mir völlig gleichgültig, dass die schwarzen Frauen saftige Geschlechter haben und ganz und gar gefügig sind; dass die Babylonierinnen die begehrenswertesten und die Damaszenerinnen die zärtlichsten und die Araberinnen und Perserinnen die fruchtbarsten und die treusten Frauen sind; dass die Nubierinnen die rundesten Hinterteile, die weichste Haut und ein Verlangen haben, das wie Feuerzungen brennt; dass die Türkinnen die gefühlloseste Gebärmutter, das giftigste Temperament, das rachsüchtigste Herz und die klarste Intelligenz besitzen; dass die Ägypterinnen über eine schmeichelhafte

Sprache, einen angenehmen Charakter und eine kapriziöse Art von Treue verfügen.

Ich erkläre hiermit, dass ich auf die Schafe wie auf die Fische pfeife, auf die Araber wie auf die Europäer, aufs Morgen- wie aufs Abendland, auf Karthago wie auf Rom, auf Henchir Tlemsani wie auf die Gärten von Babylon, auf Galiläa wie auf Ibn Battouta, auf Nagib Machfus wie auf Albert Camus, auf Jerusalem wie auf Sodom, auf Kairo wie auf Sankt Petersburg; auf Johannes wie auf Judas, auf die Jungfrauen wie auf die Huren, auf die Schizophrenen wie auf die Paranoiden, auf Ismahan wie auf Abdelwahab, auf das Wadi Harrath wie auf den Pazifik, auf Apollinaire wie auf Moutannabi, auf Nostradamus wie auf Diop, den Marabut.

Ich, Badra, verkünde, mir nur einer Sache sicher zu sein: Dass ich das schönste Geschlecht der Welt habe; es hat die schönste Form von allen; es ist prall, heiß, feucht, duftend und singt wie kein anderes; und es ist unübertrefflich in seinem Verlangen nach harpunengleich sich reckenden Schwänzen.

Das kann ich sagen, jetzt, da Driss tot ist und ich ihn unter den Oleanderbüschen in Imchouk, dem Dorf der Ungläubigen, begraben habe.«

Stundenweise in der Homebase, und einen schönen Nachschlag zu Nedjima's "Die Mandel" (entnommen aus Spiegel online):


Bittere Lust


Sieht so eine orientalische Femme fatale aus, eine literarische Untergrundkämpferin gar, die den Mut hat, im Schutz der Anonymität die intime Geschichte einer arabischen Frau zu erzählen? Die kleine dunkelhaarige Marokkanerin mit den verschmitzten Augen und den lebhaften Händen nennt sich "Nedjma", ein Pseudonym, das Stern bedeutet. Käme ihre wahre Identität in ihrer Heimat heraus, so fürchtet sie, könnte sie auf der Straße gesteinigt werden.

Denn Nedjma will schockieren, mit einer Mischung aus Sperma und Gebet das Tabu des Sex und das Gesetz des Schweigens in der traditionellen islamischen Gesellschaft brechen. Deshalb ist ihr jetzt auf Deutsch vorliegender Bericht, der beansprucht, authentisch zu sein, wenn auch nicht immer autobiografisch, zugleich ein Akt des politischen Widerstands - der provozierende Aufstand einer muslimischen Frau, die ihre Sinne, ihren Körper, ihre Lust und ihre Sprache zurückerobert.

Im Internet ist sie als "Hure" und "Beleidigung für den Islam" geschmäht worden. Aber die frommen Hetzer sind ihr nicht auf die Spur gekommen. Nicht einmal die eigene Familie weiß, welche Liebes- und Zorneserklärung sie verbrochen hat - ein "erotisches Meisterwerk", wie der französische Verlag Plon bei Erscheinen des Buches vor einem Jahr jubilierte.

Nedjma lässt sich nicht fotografieren. Sie bleibt namen- und gesichtslos. Anfang vierzig, unverheiratet und ohne Kinder, in einem intellektuellen Beruf tätig, der es ihr erlaubt, öfter nach Europa zu reisen, führt sie ein "schizophrenes Leben", wie sie sagt: Als Schriftstellerin existiert sie nur im Ausland und bleibt doch ein Phantom mit einem unüberprüfbaren Geheimnis, das sie nicht preisgeben kann oder will. In Frankreich wurden über 40.000 Exemplare der "Mandel" (der Titel ist eine Anspielung auf das weibliche Geschlecht) verkauft, die Auslandsrechte brachten über 500.000 Euro ein.



Am Anfang von Nedjmas Geschichte einer sexuellen Emanzipation steht eine qualvolle Demütigung: die Nacht der Entjungferung. Die junge Badra, Titelfigur des Romans, wird in ihrem Heimatdorf Imchouk mit einem viel älteren lokalen Würdenträger, dem Notar Hmed, verheiratet. Der Mann hat schon zwei Frauen verstoßen, weil sie keine Kinder bekamen. Nachdem die Schwiegermutter eigenhändig die Jungfräulichkeit der Braut überprüft hat, steigt Hmed zu ihr ins Bett, um sich den "königlichen Leckerbissen", wie er seine junge Frau nennt, anzueignen.

Eine Tortur: "Er spreizte meine Beine, und sein Glied stieß gegen mein Geschlecht ... Das Geschlecht, das sich zwischen meinen Schenkeln vortastete, war blind und dumm. Es tat mir weh, so dass ich mich bei jeder Bewegung mehr verkrampfte ... Keuchend und schwitzend legte er mich auf das Schaffell, hob meine Beine, renkte sie mir dabei fast aus und setzte seinen Ansturm fort."

Vergebens. Hmed holt seine Mutter und die Schwester seiner Angetrauten zu Hilfe. Die binden Badra mit einem Schal an den Stäben des Bettes fest und ergreifen ihre Beine. Unter Assistenz der zwei Frauen "durchstieß Hmed mich, und ich wurde zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben ohnmächtig".

Draußen trommelten die Hochzeitsgäste an die Tür und verlangten den Beweis der Jungfräulichkeit. Das blutbefleckte Hemd, das von Hand zu Hand wanderte, "bewies nichts - nur die Dummheit der Männer und die Grausamkeit gegen die unterworfenen Frauen".

Nach drei Jahren verheerender Ehe, in denen Hmed sie erfolglos zu schwängern versucht, bricht Badra eines Nachts aus ihrer Gefangenschaft aus. Sie flieht aus dem Kaff Imchouk zu ihrer Tante Selma in die kosmopolitische Hafenstadt Tanger. Dort stürzt sie sich in eine glühende Affäre mit dem reichen, raffinierten Arzt Driss, einem frivolen, amoralischen Freigeist, der sie als ihr "Meister und Henker" in alle Freuden des Fleisches einweist: "Eine Möse hat noch nie lügen können."

In der obsessiven Liebe zu dem allzeit potenten Driss wird Badra allmählich erwachsen. Wie in einem Bildungsroman entwickelt sich die Persönlichkeit des unerfahrenen Bauerndummchens zu einer reifen, umsichtigen und selbständigen Frau.

Am Ende erkennt sie, dass sie sich auch von ihrem Lehrmeister Driss befreien muss, um zu wahrer Unabhängigkeit zu gelangen. "Als ich aufwachte, sagte ich mir, dass Driss eine Falle sei, der ich entkommen müsse." Badra beschließt, der Totengräber dieser Liebe zu werden, deren Instrument sie so lange willenlos war.

Wut, sagt die mysteriöse Autorin Nedjma, sei wahrscheinlich das Hauptmotiv, das sie zu ihrem Buch angetrieben habe - Wut über die Rückständigkeit, den Fanatismus, den Wahn, die Ignoranz und die Gewalt in der arabischen Welt. Die Sexualität, die Freude am eigenen Körper, die Trennung von Liebe und Sünde weisen ihr den Weg in die Freiheit. Denn in der Unterdrückung der Frauen spiegeln sich alle Übel einer islamischen Gesellschaft, die sich vom Westen bedroht fühlt und deshalb ständig versucht ist, sich in kulturellem Autismus zu verschließen.

Nach ihrem bitteren Erstling will Nedjma ihren Kampf unter demselben Pseudonym fortsetzen. Bevor sie das in Marokko mit offenem Gesicht tun kann, wird noch viel Zeit vergehen, trotz einer mutigen Reform des Familienrechts vor einem Jahr, mit der König Mohammed VI. die Vielweiberei, die Verstoßung und die Bevormundung der Frauen zurückdrängen wollte.

"In Marokko", so Nedjma, "existieren Tausendundeine Nacht und schlimmstes Elend nebeneinander." Auf Arabisch habe ihr Buch nicht veröffentlicht werden können, nur Frankreich habe ihr bei der Eroberung der Freiheit helfen können. "Die Literatur hat die Macht einer tödlichen Waffe. Also habe ich mich ihrer bedient."

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